Eisenbahn im Film  –  Rail Movies 
 

 

 

 

Cuba

 

Art: Spielfilm
Produktion: USA 1979
Regie: Richard Lester
Farbe: Technicolor
Laufzeit: 122' (Originallänge)
deutscher Verleihtitel: „Explosion in Cuba“

 

Inhalt

Ende 1958 auf Kuba: Der britische Ex-Major Robert Dapes (Sean Connery) lässt sich vom maroden Batista-Regime als militärischer Berater für die Guerilla-Bekämpfung anheuern und muss schon bald feststellen, dass der von Castro angestrebte Umsturz nicht mehr aufzuhalten ist. Kurz vor dem Einmarsch der Rebellen in Havanna wird Dapes und seine Ex-Geliebte Alexandra (Brooke Adams) vor den Toren von Santa Clara in den Kampf und ein Treibstoffdepot verwickelt, bei welchem ein Panzerzug als mobiler Gefechtsstand fungiert.

Allgemein

Gedreht wurde der überzeugend wirkende Polit-Thriller ausschließlich in der südspanischen Provinz Andalusien, wobei die Hafenstadt Cadiz eine glaubwürdige Kulisse als kubanische Hauptstadt abgab. Weitere Drehorte befanden sich in Jerez, Malaga und Motrîl. Richard Lester – bekannt vor allem als Regisseur zweier Beatles-Filme – entschied sich nicht von ungefähr für Spanien, hatte er hier doch in den 1960er- und 1970er-Jahren bereits fünf Kinofilme realisiert, darunter „How I Won the War“ (GB 1967) mit John Lennon und „Robin and Marian“ (GB 1976) mit Sean Connery. Hingegen dürfte sich dem geneigten Zuschauer nicht sofort erschließen, weshalb Lester den Fokus speziell auf die Panzerzug-Episode legte. Nachfolgend sollen die historischen Ereignisse kurz beleuchtet werden.

Das Gefecht von Santa Clara

Am 23. Dezember 1958 verlässt ein gepanzerter Sonderzug – auf spanisch „tren blindado“ – unter dem Kommando von Oberst Florentino Rosell die Hauptstadt mit 373 Soldaten an Bord und ausgerüstet mit Munition und Verpflegung für zwei Monate. Am nächsten Tag wird die zentral gelegene Provinzhauptstadt Santa Clara erreicht, welche als Bahnknotenpunkt dazumal noch über ein umfangreiches Bahnbetriebswerk verfügte. Nachdem der Panzerzug am 25. Dezember am Fuß des strategisch wichtigen El Capiro Hill in Stellung gebracht worden war, setzt sich Rosell am 26. Dezember unter nie ganz geklärten Umständen auf seiner Privatjacht nach Miami (US-Bundesstaat Florida) ab.

Am 29. Dezember wird der Panzerzug von etwa zwei Dutzend Aufständischen unter Feuer genommen, die sich mittlerweile auf dem Capiro-Hügel in Stellung gebracht hatten. Da die Waggons faktisch nur über gepanzerte Seitenwände verfügen, lässt der kommandierende Offizier Gomez Calderon die Komposition näher an die Garnison von Santa Clara verlegen. Um dieses Manöver zu vereiteln, wird auf Geheiß von Guerillaführer Ernesto Guevara mit Hilfe einer Planierraupe das Geleise im Bereich eines Bahnübergangs auf einer Länge von etwa neun Meter zerstört, worauf beim Zurücksetzen des Zuges mehrere Waggons entgleisen.

Als der „tren blindado“ in der Folge mit Molotow-Cocktails angegriffen wird, kapituliert die Besatzung am 30. Dezember um 19.00 Uhr, was gleichzeitig den Beginn der militärischen Niederlage des Batista-Regimes markiert. Bereits am 31. Dezember erreichen die Rebellen die Außenbezirke von Havanna, worauf sich Kubas bisheriger Diktator in die Dominikanische Republik absetzt. Am 8. Januar 1959 zieht Fidel Castro im Triumph in die Hauptstadt ein und nimmt sogleich die 23. Etage des Hilton-Hotels in Beschlag.

Stichwort „tren blindado“

Bei dem gepanzerten Sonderzug handelte es sich um eine normalspurige Komposition der Ferrocarilles Consolidados de Cuba, bestehend aus zwei Dieselloks – wahrscheinlich vom ALCO-Typ FA-2 (Achsfolge Bo’Bo’) mit Baujahr 1951 – und insgesamt siebzehn vierachsigen Waggons (offene und geschlossene Güterwagen sowie Mannschaftswagen) US-amerikanischer Herkunft, deren Seitenwände mittels Stahlplatten verstärkt waren. Der Zug diente hauptsächlich dazu, die durch Aufständische zerstörten Strassen und Brücken entlang der Magistrale Havanna–Santiago zu reparieren.

 

Eisenbahn

Der im Film gezeigte Panzerzug von General Bello (Martin Balsam) wurde aus ehemaligem und teilweise stark modifiziertem Rollmaterial der spanischen Staatsbahn RENFE zusammengestellt: Schlepptenderlok Nº 140-2054 (ex ANDALUCES Nº 4106) vom Typ „Consolidation“ (Achsfolge 2-8-0 beziehungsweise 1’D), Postwagen der Serie 200 (zweiachsig), Reisezugwagen der Serie 5000 (vierachsig), Flachwagen (zweiachsig) mit Minenwerfer und MGs sowie ein geschlossener Güterwagen (zweiachsig).

Mutmaßlicher Drehort

Die Identifizierung des Drehortes mit den bahnspezifischen Szenen verursachte einiges Kopfzerbrechen und konnte bislang nicht eindeutig geklärt werden. Aufgrund der bisherigen Visionierungen und gestützt auf die Aussagen von Gil Parrondo – zweifacher Oscar-Gewinner und langjähriger Mitarbeiter Lesters, welcher hier als Production Designer fungierte – sowie der bahnhistorischen Fakten lässt sich die folgende, durchaus plausible Theorie aufstellen.

Demnach fanden die Aufnahmen im Delta des Rio Guadalhorce zwischen Malaga und Torremolinos statt. Genauer: auf dem aufgelassenen Streckenabschnitt zwischen Malaga und San Julian (Kilometerstein 8.361) der einstmaligen Ferrocarilles Suburbanos de Màlaga (FSM), welcher anno 1916 als Teil der meterspurigen Vorortslinie Malaga–Coín eröffnet worden war und mittels Tenderloks (Dreikuppler) von Tubize (Belgien) betrieben wurde.

Infolge des spanischen Bürgerkrieges blieb der Betrieb ab 1937 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs eingestellt. Obwohl noch im Jahre 1958 drei Billard-Dieseltriebwagen mit 165 PS für den Personenverkehr beschafft wurden, musste in der Folge ein Großteil des unrentablen FSM-Netzes per 1. Juli 1965 stillgelegt werden.

Meterspur stillgelegt, Breitspur neu gebaut

Der erwähnte Abschnitt Málaga–San Julian, welcher inzwischen von der neu konstituierten Ferrocarriles Españoles de Via Estrecha (FEVE) im Zuge der Stichbahn nach Fuengirola betrieben wurde, blieb von dieser Maßnahme vorerst verschont. Um jedoch die touristisch aufstrebenden Küstenorte mit einer leistungsfähigen Vorortsbahn zu erschließen, wurde 1970 zuerst eine Modernisierung der vorhandenen FEVE-Linie ins Auge gefasst, welche den Ausbau auf Doppelspur zwischen Málaga und Torremolinos, die Beseitigung der unzähligen Niveau-Übergänge innerhalb des Stadtgebiets und die Elektrifizierung mit 1500 Volt Gleichstrom vorsah, weshalb dann im August 1971 ebenfalls die Betriebseinstellung erfolgte.

Im Hinblick auf die projektierte Anbindung des Flughafens an den Schienenverkehr wurden die bereits begonnenen Arbeiten schon bald wieder eingestellt, worauf die Staatsbahn RENFE das Zepter übernahm. Im Folgejahr wurde mit dem Bau einer breitspurigen Vorortsbahn begonnen, welche im Malagenser Güterbahnhof Los Prados abzweigte und völlig neu trassiert via Flughafen nach Torremolinos und weiter bis zum Endbahnhof in Fuengirola führte. Bereits Ende 1974 fanden Testfahrten statt, wobei zwei Neubau-Dieselloks der Reihe 333 (Achsfolge Co’Co’) und eine Elektrolok der Reihe 276 (Co’Co’) involviert waren. Im Sommer 1975 erfolgte dann die offizielle Inbetriebnahme der zwar eingleisigen, aber mit CTC-Streckensicherung ausgerüsteten S-Bahn, wobei die dazumal brandneuen dreiteiligen Elektrotriebwagenzüge der Reihe 440 zum Einsatz kamen.

Alte Trasse vollständig getilgt

Die Spuren der in Málaga einstmals nahe der Heredia-Werft beginnenden und danach unmittelbar entlang der Küste verlaufenden Meterspur-Trasse wurden in der Folge durch den Ausbau der „Calle Pacifico“ und beim Anlegen einer großzügigen Uferpromenade (Paseo de Antonio Machado) vollständig getilgt. Letztere diente übrigens auch im Film für eine frühmorgens in Havanna spielende Dialogszene mit Sean Connery und Brooke Adams. Der restliche Streckenverlauf vom Stadtrand bis nach San Julian lässt sich heutzutage nur noch anhand von satellitengestützten Luftaufnahmen erahnen, wobei im Bereich der Flussüberquerung noch bis vor einigen Jahren vier Brückenpfeiler ausgemacht werden konnten. Womöglich wurde im Zusammenhang mit dem Bau der Autobahn E-15 in Richtung Torremolinos und den damit verbundenen Erdbewegungen das eventuell hier noch vorhandene Meterspur-Geleise als provisorische Stichbahn auf die spanische Regelspur (1672 Millimeter) angepasst, welches sich dann bei San Julian mit der neugebauten S-Bahn-Strecke vereinigte und damit auch für die Dreharbeiten in Frage kam.

Durchaus denkbar wäre andererseits, dass die Umspurung oder gar das temporäre Neuverlegen der Schienen – in den Szenen ist denn auch kein eigentliches Schotterbett auszumachen – speziell für die Filmproduktion vorgenommen wurde, um so den Einsatz des RENFE-Dampfzug möglich zu machen. Die Arbeiten dürften durch Pioniere der spanischen Streitkräfte ausgeführt worden sein, welche für die eingangs erwähnte Santa-Clara-Sequenz mehrere Kampfpanzer sowie Truppenangehörige als Statisten zur Verfügung stellte.

 

Autor dieser Filmbesprechung: Manuel Gurtner
Online: 07.02.2010
Version vom 04.04.2010

 

Eisenbahn im Film
www.eisenbahn-im-film.de

 

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