Eisenbahn im Film  –  Rail Movies 
 

 

 

 

C’era una volta il West

 

Art: Spielfilm
Produktion: Italien/USA 1968
Regie: Sergio Leone
Farbe: Technicolor
Laufzeit der Original-Version: 177' (deutschsprachige Version: 164')
englischer Verleihtitel: „Once Upon a Time in the West“
deutscher Verleihtitel: „Spiel mir das Lied vom Tod“

 

Inhalt

Die Farm in „Sweetwater“ des Iren Brett McBain (Frank Wolff) befindet sich – nicht von ungefähr – exakt in der geplanten Streckenführung einer in Bau befindlichen transkontinentalen Bahnlinie. Morton (Gabriele Ferzetti) – der skrupellose Eisenbahnbaron – lässt deshalb die ganze Familie durch die Bande um Killer Frank (Henry Fonda) ermorden, kurz bevor McBains zweite Ehefrau Jill aus New Orleans eintrifft. Auf dem Bahnsteig von „Little Corner“ werden derweil drei Banditen von einem Mundharmonika spielenden Fremden (Charles Bronson) umgelegt, welcher mit Oberschurke Frank noch eine alte Rechnung zu begleichen hat.

 

Eisenbahn

Die Eisenbahn spielt in Sergio Leones Klassiker – unbestritten der berühmteste „Italo-Western“ aller Zeiten und dank des unverwechselbaren Soundtracks von Ennio Morricone wahrscheinlich einer der bekanntesten Kinofilme überhaupt – nicht nur eine zentrale Rolle, sondern ist das tragende Element der Handlung, weshalb nachfolgend die eisenbahn-spezifischen Sequenzen eingehender beschrieben werden sollen.

Der Prolog in „Little Corner“

Schon die knapp viertelstündige, offensichtlich von Fred Zinnemanns „Zwölf Uhr mittags“ inspirierte und bis heute unerreichte Eingangssequenz im Vorspann spielt auf einer kleinen Station mitten in der Einöde, wo die eingangs erwähnten Outlaws aus Franks Bande – Stony (Woody Strode), Snaky (Jack Elam) und Knuckles (Al Mulock in seinem letzten Film) – die Zeit totschlagen bis zur Ankunft des Zuges. Die Szenen kommen – abgesehen von einer resignierenden Bemerkung des greisen Schalterbeamten – völlig ohne Dialoge aus und sind nur mit dem rhythmischen Quietschen eines rostigen Windrades unterlegt, welches dem Antrieb in einem Pumpenhaus zu dienen scheint, von wo eine aufgeständerte Wasserleitung zum hölzernen Wasserturm mit der Aufschrift „Little Corner“ führt.

Der schließlich einfahrende „Mixed Train“ (PmG) besteht aus einer leicht modifizierten Schlepptenderlok Nº 71 der Bauart „Consolidation“ (2-8-0 beziehungsweise 1’D), gefolgt von einem geschlossenen Güterwagen (2-achsig), einem Oberlicht-Reisezugwagen mit Einstiegsbühnen (2-achsig), zwei Flachwagen (beide 2-achsig) sowie zwei 4-achsigen Oberlicht-Waggons vom Typ CC („Coche Costa“ ex M.Z.A.) mit Einstiegsplattformen, allesamt mit Holzaufbauten. Das Rollmaterial gehörte – die Dampflok ausgenommen, welche mutmaßlich der ursprünglichen „Alquife Mines & Railway“ zuzuordnen ist – zum damaligen Wagenpark der spanischen Staatsbahn RENFE und damit zum ständigen Ausstattungsrepertoire so mancher Italo-Western mit Eisenbahn-Szenen.

Das Intro beanspruchte vier Drehtage und wurde wie auch die restlichen Eisenbahn-Szenen in Andalusien zwischen Guadix und Almeria realisiert, wo bereits drei Jahre zuvor (für Leones „Per qualche dollaro in più“ die Breitspurstrecke einer ehemaligen Minenbahn benutzt worden war, welche von Estatión de Lacalahorra nach Alquife führte, wobei deren regulärer Betrieb wahrscheinlich damals schon eingestellt war. Nur dadurch ist plausibel zu erklären, dass die im besten Fall als Haltestelle gedachte Station – welche im erwähnten zweiten Teil der „Dollar-Trilogie“ noch als Bahnhof von „Tucumcari“ fungiert hatte – für die Dreharbeiten dermaßen aufwändig umgestaltet werden konnte, wenn auch nur provisorisch.

Denn kurioserweise ist während einer Szene im Innern des verwinkelten Stationsgebäudes – genauer am Boden des Schalterbüros – deutlich ein Schienenstrang zu erkennen, welcher nur teilweise mit Holzplanken abgedeckt wurde, währenddessen im Hintergrund eine hölzerne Sitzbank auszumachen ist, die zu einem nicht näher identifizierbaren Waggon gehört. Dieser wiederum ragt – von der Geleiseseite her betrachtet – auf der rechten Seite etwa zur Hälfte aus dem Empfangsgebäude, weshalb das dazugehörige Geleise kaschiert werden musste, indem der Bahnsteig entsprechend mit Schwellen und Bretterbohlen verbreitert wurde.

Die Ankunft in „Flagstone“

Später dann ist die Ankunft eines weiteren Zuges in der aufstrebenden Stadt „Flagstone“ zu sehen, welche den vorläufigen Endpunkt der im Bau befindlichen Transkontinentalstrecke markiert. Die Komposition setzt sich zusammen aus der bereits im Intro verwendeten „Consolidation“ Nº 71, gefolgt von einigen geschlossen Güterwagen (allesamt 2-achsig) und nicht weniger als vier Reisezugwaggons vom Typ CC (4-achsig).

Folgende Beobachtungen können in dieser Szenerie gemacht werden:

  • Bei der Einfahrt des Zuges sind zuerst rechts im Hintergrund die regulären Stationsgebäude zu erkennen; später dann ist am linken Bildrand ein Weichenwärterhaus auszumachen.
  • Nachdem der Zug zum Stillstand gekommen ist, befindet sich die Dampflok halbwegs auf einer Art Bühne, von der zwar nur das Geländer zu sehen ist, welche sich aber in der Tat als eine Drehscheibe (!) entpuppt.
  • Während Jill McBain (Claudia Cardinale) aussteigt, kann festgestellt werden, dass jeglicher Bahnsteig fehlt, so dass die Reisenden auf dem Bahndamm entlang das Empfangsgebäude von „Flagstone“ erreichen.

Die Dreharbeiten fanden auf dem Bahnhof von Estación de Lacalahorra statt, wo sich auf dem Gelände der dem regulären Empfangsgebäude gegenüberliegenden Seite die Kulissen von „Flagstone“ befanden. Dessen Stationsgebäude war demzufolge am Verbindungsgleis aufgebaut, welches als Übergang zur RENFE-Hauptlinie Granada-Almeria diente und an dessen Ende sich anscheinend eine – wahrscheinlich zum damaligen Zeitpunkt bereits nicht mehr regulär im Einsatz stehende – Drehscheibe befand, welche ursprünglich zum Wenden von Schlepptenderloks der „Alhamilla Mining & Railway Company“ benutzt worden sein dürfte.

Die Fahrt nach „Sweetwater“

Irritiert darüber, dass niemand sie am Bahnhof von „Flagstone“ erwartet hat, heuert Jill McBain kurzerhand den kauzigen Sam (Paolo Stoppa) an, welcher sie mit seinem Pferdewagen nach „Sweetwater“ bringen soll. Unterwegs passieren die beiden das Eisenbahner-Camp mit den Vermessungsarbeitern und Schienenlegern, wobei diese kurze Sequenz offensichtlich im US-Bundesstaat Utah aufgenommen wurde, wie anhand der weltbekannten Felsformationen des „Monument Valley“ geschlossen werden kann. Meines Wissens sind denn auch „Spiel mir das Lied vom Tod“ zusammen mit „Mein Name ist Nobody“ (1973) sowie „Nobody ist der Größte“ (1975) die einzigen Produktionen in der Sparte „Italo-Western“, welche mit an Originalschauplätzen in den USA gedrehten Szenen aufwarten können.

Der Salonzug von Morton

Die ersten Szenen spielen im Büro des Eisenbahnbarons, welches sich in einem der beiden Salonwagen seines Privatzuges befindet. Auf dem Sims eines mit schweren Vorhängen ausgestatteten Waggonfensters ist das Modell – wahrscheinlich im Maßstab 1:32 (Baugröße 1) – einer Standard-Westernlok der Bauart „American“ (Achsfolge 4-4-0 beziehungsweise 2’B) zu sehen. Im Gegensatz dazu ist der Salonzug mit der inzwischen bestbekannten, jetzt aber stark modifizierten und auf Nº 471 umgezeichneten „Consolidation“ bespannt, welche alle Attribute einer charakteristischen Western-Lok aufweist, abgesehen vom nach wie vor zweiachsigen Schlepptender. Die beiden Salonwagen – mutmaßlich aufwändige Umbauten aus den bereits erwähnten „Coches Costa“ – weisen seitlich den Namen „Morton“ und die Eigentumsbezeichnung A.&P.H. MORTON R.R. auf. Waggon Nº 707 gleich unmittelbar hinter der Lok ist ein „Combined Coach“ mit Schiebetüren, welcher zur Hälfte als Küchen- und Vorratswagen zu fungieren scheint, derweil Waggon Nº 708 dann einem „Pullman Car“ gleichkommt, der das mobile Arbeitszimmer inklusive einer Bibliothek sowie die Privaträumlichkeiten beherbergt.

Später dann steht Mortons Salonzug auf einer dreigleisigen Unterwegsstation mit Inselbahnsteig und wird dabei von einem auf dem Streckengleis durchfahrenden „Mixed Train“ (GmP) überholt. An der Spitze arbeitet eine Schlepptenderlok der RENFE-Baureihe 030 (C-Kuppler) beziehungsweise 040 (D-Kuppler). Im Falle eines C-Kupplers handelt es sich wahrscheinlich um dasselbe Exemplar der ehemaligen ANDALUCES, welches dazumal in der Eingangssequenz von Leones „Per qualche dollaro in più“ zum Einsatz gekommen war. Ansonsten wäre auch konkret die RENFE-Lok 040 2486 vom Depot Guadix denkbar, welche ihrerseits zwei Jahre zuvor in Sergio Corbuccis „Navajo Joe“ einen denkwürdigen Auftritt hatte.

Für die Sequenz, in der Mortons Privatzug auf einer Station von einem GmP überholt wird, wurde dessen Komposition in der Tat am regulären Hausbahnsteig von Estación de Lacalahorra postiert, was durch die geschickte Kameraposition aber den Anschein erweckt, tatsächlich eine weitere Bahnstation vor sich zu haben. Die darauf folgenden Szenen – mit „Cheyenne“ (Jason Robards) auf dem Waggondach des fahrenden Zuges – spielen dann entweder auf dem Abschnitt nach Lacalahorra – teilweise wird „La Calahorra“ als Schreibweise verwendet, wobei die Ortschaft bekannt ist für deren weithin sichtbare Festung, welche eine Renaissanceburg birgt – oder zwischen Lacalahorra und dem Streckenende in Alquife am Rande der Sierra Nevada.

Der Epilog in „Sweetwater“

Gegen Ende ist die Ankunft des ersten Zuges in „Sweetwater“ zu sehen, wobei es sich genau genommen um einen Kurzgüterzug handelt, der unter dem frenetischen Jubel der Schienenleger Nachschub an Baumaterial und frische Arbeitskräfte vor Ort bringt. An der Spitze ist wiederum die „Consolidation“ auszumachen, wobei hier die Schlepptenderlok weitestgehend im Original-Zustand zu sehen ist.

Diese Szenen entstanden unweit einer heute als „Rancho Leone“ vermarkteten Filmkulisse, welche nördlich von Almeria am Rande der Tabernas-Wüste zu finden ist. Da in der unmittelbaren Umgebung keine Bahnlinie verläuft, kann spekuliert werden, dass für die Dreharbeiten eigens ein Schienenstrang gelegt werden musste, der westlich von „Sweetwater“ bei Gádor von der Strecke Guadix-Almeria abzweigte.

 

Autor dieser Filmbesprechung: Manuel Gurtner
Online: 27.04.2003
Status: 19.08.2011

 

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